In diesem Blog möchten wir auf Kleinsteinspeiseanlagen, oder umgangssprachlich auch Balkonkraftwerke genannt, eingehen.
Diese Mini PV-Anlagen oder auch Windturbinen werden gerne in Mietanlagen verwendet, um etwas Strom zu gewinnen.
Um die Installation einfach zu halten, wird diese Anlage ab Werk mit einem Schutzkontaktstecker ausgeliefert.
Vor der Inbetriebnahme:
Sollte eine solche Anlage tatsächlich an einer Steckdose angeschlossen werden, und in das Haus oder auch in das Stromnetz einspeisen, so sind einige Dinge zu beachten.
Netzbetreiber:
Der zuständige Netzbetreiber muss mindestens zwei Wochen vor der Inbetriebnahme schriftlich informiert werden.
Soll das Balkonkraftwerk auch ins Netz liefern, so muss ein Zählpunkt beantragt werden und oft auch ein Zählertausch vorgenommen werden. Durch die zusätzliche Zählermiete ist das aber meistens nicht rentabel.
Die technischen und organisatorischen Richtlinien (TOR) der E-Control müssen beachtet werden. Unter anderem wird hier gefordert, dass Anlagen unter 0,6kVA Einspeiseleistung ebenfalls eine Entkupplungsstelle, oder auch N/A-Schutz genannt, benötigen.
Entkupplungsstelle:
Bei Erzeugeranlagen unter 30kVA (die meisten privaten PV-Anlagen fallen darunter) benötigen nur eine im Wechselrichter integrierte Entkupplungsstelle. Diese muss jedoch ein Unbedenklichkeitszertifikat vorweisen, welches meist mit dem Wechselrichter mitgeliefert wird.
Einspeisestecker
Wie zuvor angesprochen, werden solche Anlagen oft mit einem Schutzkontaktstecker geliefert, welcher in die Steckdose gesteckt wird.
Problem:
Lt. TOR darf die Entkupplungsstelle 5 Sekunden benötigen, bis sie die Stromproduktion einstellt. Das bedeutet, dass nach dem Abstecken der Anlage bis zu 5 Sekunden lebensgefährliche Spannung am Stecker anstehen kann. Zwar schaltet die Anlage ab, man muss sich aber zu 100% auf den Wechselrichter verlassen können.
Problem:
Fehlerstromschutzschalter können eventuell unwirksam werden. Durch den Stromfluss von der Steckdose zum Fehlerstromschutzschalter können Fehler in diesem Bereich nicht mehr erkannt werden. Es besteht somit Lebensgefahr!
Auch der Tipp, man solle einfach einen FI-Stecker verwenden, hilft nur bedingt, da hier trotzdem der doppelte Fehlerstrom fließen könnte.
Problem:
Überlastung vom betroffenen Stromkreis. Theoretisch kann an einer anderen Steckdose im betroffenen Stromkreis die Last überschritten werden, da nun nicht nur die max. Last vom Netz, sondern auch die Last vom Balkonkraftwerk verwendet werden kann. Dies kann zu Bränden führen und ist somit auch Lebensgefährlich.
Lösungsansatz
Um nicht nur die Probleme einer solchen Anlage aufzuzeigen, möchten wir auch einen Lösungsansatz bringen.
Dazu muss eine spezielle Einspeisesteckdose installiert werden oder direkt angeschlossen werden. Dieser Anschluss muss direkt im Verteilerschrank mit einem sogenannten LS/FI gesichert werden. Nach diesem Umbau sollte ein sicherer Betrieb möglich sein.
Ertrag
Bei Balkonkraftwerken muss man von einem Eigenverbrauch von 40-60% ausgehen. Der restliche Strom geht dabei in das Versorgungsnetz verloren. Der Eigenverbrauch kommt auch ganz stark auf das Verhalten der Bewohner an. Sind am Tag viele Geräte in Betrieb, so wird man höhere Erträge haben, als wenn man tagsüber nicht zu Hause ist. Dann können oft nur Verbraucher wir Kühlgeräte oder Stand-By-Geräte versorgt werden.
Wir möchten hier ein kleines Rechenbeispiel aufstellen:
Anschaffung Balkonkraftwerk 600Wp: ca. 800€
Erfahrungswert 250kWh/Jahr mit 50% Eigenverbrauch 125kWh/Jahr
Aktuell geht man von 40ct/kWh in Österreich aus: 50€/Jahr
Amortisierung (Anschaffung / Ertrag pro Jahr) 16 Jahre
Bei diesem Beispiel war die Ausrichtung der PV-Anlage nicht ganz optimal. Man sieht aber, dass auch bei höheren Erträgen die Anlage nicht rentabel ist, zumal man meistens nur 10 Jahre Garantie auf solche Anlagen hat. Weiters wurde hier kein Installationsmaterial wie Befestigungsrahmen, Leitungen und ev. ein Elektrotechniker eingerechnet.
Norm & Rechtliches:
Auch das Kuratorium für Elektrotechnik kurz „KFE“ hat zu diesem Thema einen Bericht herausgebracht, den wir kurz zitieren möchten:
Vorgehensweise bei der Prüfung einer ortsfesten elektrischen Anlage:
Wenn im Zuge einer Prüfung einer ortsfesten elektrischen Anlage durch den Elektrotechniker eine oder mehrere Plug-In PV-Anlagen in Betrieb sind und diese mittels Stecker an der Lastseite eines Endstromkreises mit der elektrischen Anlage verbunden sind, so empfiehlt das KFE folgende Vorgehensweise für den Elektrotechniker:
- Vor der Prüfung ist die Plug-In PV-Anlage durch den Anlagenbetreiber der ortsfesten elektrischen Anlage vom Netz zu trennen.
- Im Prüfbefund ist lediglich der sichere Zustand der ortsfesten Anlage zu dokumentieren. Als zusätzliche Anmerkung ist das Vorhandensein einer/mehrerer Plug-In PV-Anlage(n) im Prüfbefund anzuführen, aber eindeutig vom Umfang der Prüfung auszuschließen.
- Bei offensichtlichen Mangel an der Plug-In PV-Anlage, wo insbesondere eine Personen- bzw. Anlagengefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, besteht eine Warn- und Hinweispflicht durch den Elektrotechniker. Wenn möglich sollte im Einvernehmen mit dem Anlagenbetreiber die Plug-In PV-Anlage vom Netz getrennt und gegen Wiederinbetriebnahme gesichert werden.
Somit kann abgeleitet werden, dass dem Elektrotechniker mit Zustimmung des Kunden das Abschneiden des Steckers empfohlen wird um die Anlage nicht mehr betreiben zu können.
Hier der Link zum offiziellen Dokument: https://kfe.at/medien/empfehlungen/348-stromerzeugungseinrichtungen-plug-in-pv-anlagen/file.html
Weiters möchten wir noch darauf hinweisen, dass in der derzeitig aktuellen Norm OVE E8101:2019 unter Punkt 551.7.2 Unterpunkt ii folgendes zu finden ist:
„eine Stromerzeugungseinrichtung darf nicht mittels eines Steckers und einer Steckdose mit dem Endstromkreis verbunden werden“