In diesem Blog gehen wir auf das Arbeiten unter Niederspannung ein.
Grundlegendes
Unter Spannung oder in der Nähe von spannungsführenden Teilen zu arbeiten, erfordert eine spezielle Ausbildung. (ÖVE/ÖNORM EN 50110-1 und ÖVE-Richtlinie R 16)
Diese wird von den verschiedensten Bildungseinrichtungen angeboten.
Meist heißen diese Kurse „AuNS“, „AuS bis 1kV“ oder auch einfach „Arbeiten unter Spannung bis 1000V“
Ausbildung
Dauer: mind. 16h
Prüfung: Theorie & Praxis
Gültigkeit: 5 Jahre
In der Praxis dürfen nur Arbeiten durchgeführt werden, die auch im Kurs durchgenommen wurden. Daher sollte man genau achten, welche Tätigkeiten angeboten werden.
Wann arbeitet man unter Spannung?
Theoretisch schon bei der Abnahme von Schutzabdeckungen, hinter denen sich aktive blanke Teile ab 120VDC oder 50VAC befinden. Dazu zählen unter anderem:
- Blanke bzw. lackierte Kupferschienen
- Schrauben
- NH-Sicherungssockel bzw. Sicherungen ohne Berührungsschutz
- Alle aktiven Teile, die berührt werden können
Häufige Tätigkeiten unter bzw. in der Nähe von Spannung
- Verteilerreinigung
- Auswechseln von NH-Sicherungen (NH-Handschuh)
- Austausch von Bauteilen bei kritischer Infrastruktur
(Krankenhäuser, Serveranlagen, Notrufzentralen etc…) - Unterbrechungsfreier Zählertausch (EVU)
- Abschranken / Abdecken von Spannungsführenden Teilen
- Erden und Kurzschließen (Anbringen von Kurzschlussgarnituren)
Spezialwerkzeug
Für das Arbeiten unter Spannung gibt es spezielles Werkzeug.
Das bekannteste Werkzeug sind die umgangssprachlich genannten „VDE Schraubenzieher“.
Je nach Arbeit sind folgende Werkzeuge verfügbar:
- Isolierte Knarrensätze (auch Verlängerungen und die Nüsse sind isoliert)
- Isolierte Drehmomentschlüssel
- Isolierte Schraubenzieher
- Isolierte Gabel- und Ringschlüsselsätze
- Isolierte bzw. Vollkunststoffzangen in verschiedenen Ausführungen
- Isoliermatten und Klemmzangen
- Isolierkappen für Leiterenden
Stückgeprüftes Werkzeug erkennt man durch diesen Aufdruck:
Generell gilt, dass nur geprüftes und vor Arbeitsbeginn geprüftes Werkzeug eingesetzt werden darf. Zusätzlich sollte eine Aufschrift mit „1000V“, „VDE“ bzw. „ÖVE“ und das GS-Siegel vorhanden sein.
Schutzausrüstung
- Standort – Isoliermatte
- Lichtbogenschutzjacke
- Helm mit Visier gegen Lichtbögen
- Lichtbogensichere Gummihandschuhe (ev. Baumwollhandschuhe darunter)
- Diverse Gummischutzmatten und Klammern zum Abdecken
Zusätzlich muss auf die Störlichtbogenklasse geachtet werden.
Hier unterscheidet man zwischen zwei Klassen:
- Klasse 1: für Störlichtbögen bis zu 4kA zugelassen und geprüft.
- Klasse 2: für Störlichtbögen bis zu 7kA zugelassen und geprüft.
Daher muss vor Arbeitsbeginn auf den max. möglichen Kurzschlussstrom geachtet werden!
Weitere Ausrüstung
- Erste Hilfe Koffer, wenn nicht vor Ort
- Rettungshaken, griffbereit in der Nähe
- Feuerlöscher, wenn nicht vor Ort
Checklist
- Abschaltmöglichkeit, bei Unfall bzw. Gefahrensituation
- Sind Fluchtwege bekannt
- Anlagenverantwortlicher ist über die Arbeit informiert
- Ersthelfer vor Ort
- Notrufnummern bekannt bzw. Empfang in Kellerräumen?
- Arbeitsumfeld sicher? (Standort, Gefahrstoffe, Stolperfallen, Beleuchtung etc…)
- Gefahrenanalyse durchgeführt?
- Wetterbedingungen? (keine Arbeit bei Gewitter)
- Notwendige Schutzausrüstung vorhanden? (4kA bzw. 7kA)
- Standortisolierung vorhanden?
- Rettungshaken in Reichweite? (Auch externes Personal darüber informieren)